"Ein hartes Stück Arbeit"

19.06.2017

Über die Erfolge der SG Hegensberg-Liebersbronn und die Herausforderung an das Ehrenamt - ein Interview mit den Vereinschefs Michael Hettich und Jens Hornung.

Innerhalb kürzester Zeit ist es der SG Hegensberg-Liebersbronn gelungen, sowohl die Frauen I als auch die Männer I in der Württembergliga zu etablieren – viel früher als geplant. Und längst sind die Teams nach kurzer Pause wieder ins Training eingestiegen, um sich intensiv fit zu machen für die Saison 2017/2018. Doch nicht nur die Mannschaften stehen vor der Herkulesaufgabe, sich auf Top-Niveau zu behaupten – auch der Verein selbst ist schwer gefordert, damit der sportliche Erfolg konsolidiert werden kann. „Wir müssen unsere Strukturen anpassen und den Unterbau verbessern“, sagen die beiden Abteilungsleiter Michael Hettich und Jens Hornung.    


Michael, Jens, die erste Herrenmannschaft ist sensationell in die Württembergliga aufgestiegen und Bezirkspokalsieger geworden. Wie fühlt sich das mit dem Abstand von ein paar Wochen für die Vereinsleitung an?

Michael: Immer noch sensationell gut.

Jens: Irgendwie euphorisch…

… zumal niemand mit dem Durchmarsch gerechnet hat, oder?

Michael: Ach, ganz abwegig war es ja nicht. Wir wussten schon um unser Potenzial, aber natürlich erschien uns die Wahrscheinlichkeit eines erneuten direkten Aufstiegs als sehr gering. Das offizielle Ziel war ja auch entsprechend definiert: nämlich im vorderen Drittel mitzuspielen.

Jens: Ganz ab und zu ist der kühne Gedanke an einen weiteren Aufstieg in den Hinterkopf geschossen. Aber ganz ehrlich: entsprechende Wetten hätte ich nicht abgeschlossen.

Und auf den Klassenerhalt der ersten Frauenmannschaft?

Jens: Auf jeden Fall viel eher, wobei ich ganz großen Respekt vor unseren Frauen habe. Denn im Kern ist diese Mannschaft noch dieselbe, die einst in der Kreisliga gespielt hat. Das ist eine Super-Geschichte, die im Moment angesichts der aktuellen Erfolge der Männer vielleicht etwas in den Hintergrund gerückt ist. Aber man kann die Leistung eigentlich nicht stark genug würdigen.

Michael: Platz 5 in der Abschlusstabelle der Württembergliga: das ist ein Wort! Die Frauen haben schon vollzogen, was den Jungs noch bevor steht. Sprich: wieder mit Niederlagen umgehen zu lernen, sich an das Tempo, die Härte der höheren Liga zu gewöhnen – und sich dort zu etablieren.

Blenden wir zweieinhalb Jahre zurück, als du, Michael, zusammen mit deinem damaligen Co. Jens Engelhardt das Konzept „HeLi 2020“ auf den Tisch gelegt hast. Welche Idee steckte dahinter?

Michael: Jens Engelhardt und ich haben 2012 zusammen die Vereinsspitze übernommen und sind irgendwann an dem Punkt angekommen, an dem die Frage war: verwalten wir weiter sportliches Mittelmaß oder versuchen wir etwas Größeres. Daraus entstand der Gedanke, die Damen und Herren mittelfristig in der Württembergliga zu etablieren – und speziell bei den Männern, die Rückholaktion zu starten.

SGDer Erfolg hat sich schneller eingestellt als gedacht – bei den Frauen, aber speziell auch bei den Jungs, die sich nach der geglückten Rückholaktion eigentlich erst finden mussten.

Jens: Ja, das ist wirklich optimal gelaufen. Der Schlüssel zum Erfolg war sicher, dass die Mannschaft unheimlich schnell zusammengewachsen ist und alle Spieler sich in sehr kurzer Zeit auch persönlich enorm weiterentwickelt haben. Das alles ist sehr beachtlich und alles andere als selbstverständlich.

Dabei habt ihr vor zwei Jahren mit Jochen Masching und Henning Richter auf ein Gespann gesetzt, das zwar über handballerische Klasse verfügt, aber zugleich über wenig Erfahrung im Trainergeschäft, zumindest was den aktiven Bereich angeht. War das kein Risiko? 

Michael: Diese Frage haben wir uns, ehrlich gesagt, gar nie gestellt. Über Jörg Patorra waren wir seit Jahren mit Jochen in Kontakt, er war unser absoluter Wunschkandidat. Und Henning kannten wir bestens aus der Jugendarbeit im Verein und wussten um seine Qualitäten. Wir haben den beiden von Anfang an voll vertraut und waren überzeugt, dass sie für den Weg, den wir gehen wollen, genau die richtigen sind. In dieser Ansicht sind wir ja nun hinlänglich bestätigt worden. Dass dann im Winter mit Jerome Staehle noch ein sehr guter Torwarttrainer dazu kam, der sich zum Nulltarif in den Dienst des Vereins gestellt hat, hat die ganze Sache abgerundet.          

Nun spielen die Frauen wie die Männer in der Württembergliga – viel früher als geplant. Müssen die Ziele des Konzepts „Heli 2020“ neu abgesteckt werden?

Michael: Im aktiven Bereich sind wir zum jetzigen Zeitpunkt sportlich in der Tat weiter als gedacht. Nun müssen wir uns auf diesem Niveau aber erst einmal konsolidieren und vor allem auch die zweiten Mannschaften näher an die Klasse der ersten heranführen. Das   wird eine Herausforderung sein. Zudem müssen wir die Strukturen der ehrenamtlichen Arbeit an die neuen Erfordernisse anpassen – und zugleich den Unterbau deutlich verbessern. In der weiblichen wie männlichen Jugend gilt es, keine Frage, weiter an der Qualität der Mannschaften zu arbeiten, um Nachwuchs für die hochklassigen aktiven Teams zu gewinnen. Diese Beispiele machen deutlich: es gibt genug zu tun.

Ohne Spieler von außen wird es aber nicht gehen auf dieser Ebene, oder?

Michael: In gewisser Weise, ja. Aber wenn wir Spieler von außen holen, dann tun wir das erstens behutsam und setzen, zweitens, auf junge, herausragende Talente, die zu uns passen. Denn fertige teure Spieler einzukaufen, wie das andere Vereine machen, werden wir uns nicht leisten können – und wollen das auch gar nicht. Unsere Philosophie ist eine andere.

Heißt?

Michael: Wir haben bei HeLi eine dörflich-familiäre Atmosphäre und das Glück, im Verein sehr viele Menschen zu haben, die sich ehrenamtlich engagieren. Und diesen Charakter wollen wir erhalten. Der Zuschauer-Zuspruch ist, glaube ich, auch deshalb so groß, weil Eigengewächse auf dem Spielfeld stehen. Das sorgt für eine hohe Identifikation der Fans mit den Teams. Im Blick auf die Zukunft ist es deshalb wichtig, dass die jungen Spieler in der ersten Mannschaft zunehmend mehr Verantwortung bekommen. Und zugleich müssen wir es schaffen, in der A- und B-Jugend definitiv Mannschaften auf HVW-Ebene zu haben.   

Jens: Dafür tun wir übrigens viel. Im Moment stehen uns für die Jugend mehr als 30 Trainer und Betreuer zur Verfügung – so viele hatte die SG noch nie in ihrer Geschichte. Ich denke, es ist wichtig, dass wir möglichst viele Spieler mit Stallgeruch in unseren Reihen haben.

Das allein aber wird nicht reichen, sich bei den Aktiven wie im Jugendbereich dauerhaft auf hohem Niveau zu etablieren. Wie groß ist die Herausforderung Württembergliga für einen Verein wie die SG?  

Jens: Bei der sportlichen Entwicklung haben wir ein rasantes Tempo vorgelegt – und bei den Strukturen im Verein müssen wir da nun nachziehen, keine Frage. Die SG hat ja in den vergangenen Jahren schon unheimlich viel geschafft, auch auf Grund der Unterstützung ganz vieler helfender Hände. Aber wir müssen da sicher in allen Bereichen jetzt nochmal einen Schritt machen – beim Marketing, bei der Bewirtschaftung, wo wir jeweils tolle Teams am Arbeiten haben, nicht zuletzt auch im Umfeld der Mannschaften. Wir sind an den Themen seit Jahresanfang dran und auf gutem Weg. Aber wir haben auch noch ein hartes Stück Arbeit vor uns.

Lässt sich das an einem Beispiel festmachen?

Michael: Wir werden in der neuen Runde deutlich höhere Kosten haben, allein bei den Schiedsrichtern reden wir vom Faktor vier. Und das musst du erst Mal stemmen. Wir sind stolz darauf, schon jetzt 50 Sponsor-Partner zu haben, aber das werden wir ausbauen müssen. Dass das kein Selbstläufer wird, ist uns klar. Denn die Wettbewerbsdichte in Esslingen ist hoch. Aber wir können die Aufgabe Dank der sportlichen Erfolge auch selbstbewusst angehen.

Nicht unmaßgeblich für den wirtschaftlichen Erfolg ist die Hallensituation. Maximal 400 Zuschauer haben in der Sporthalle an der Römerstraße offiziell Platz – im Ligavergleich nicht allzuviel.

Jens: Wir sind glücklich, dass wir eine so schöne Halle haben – aber sie ist Fluch und Segen zugleich. Sie hat eine tolle Lage mit einer Umgebung von hohem Naherholungswert, sie hat gezeigt, dass sie absolut tauglich ist für tolle Events, und als Trainingsstätte ist sie für uns von unschätzbarem Wert. Zudem haben wir das Hoheitsrecht, was nicht hoch genug einzuschätzen ist …

Michael : … aber die Kapazität ist eben eingeschränkt – und das limitiert unseren Ertrag. Es gibt in dieser Klasse andere Vereine, die pro Spiel 800, 900 Zuschauern Platz bieten und entsprechend höhere Einnahmen erzielen können. Aber das werden wir eben mit viel Phantasie kompensieren.  


Das Gespräch hat Achim Wörner geführt.

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