Die Gipfelstürmer

15.05.2017

Aufstieg in die Württembergliga und Pokalsieg - über die erfolgreichste Saison in der Geschichte der SG Hegensberg-Liebersbronn

Gipfelstürmer

Die Sporthalle an der Römerstraße auf den Esslinger Höhen ist ein architektonisch anspruchsvoll gestalteter Zweckbau, gedacht als Spiel- und Trainingsstätte unter anderem der Handballer der SG Hegensberg-Liebersbronn. Immer häufiger aber stellt die Arena unter Beweis, dass sie auch als Party-Location taugt. Gott sei Dank, muss man sagen. Denn Grund zu feiern hat es in der Saison 2016/2017 mehr denn je gegeben: nicht nur den souveränen Klassenverbleib der ersten Damenmannschaft in der Württembergliga oder den Aufstieg der dritten Herrenmannschaft – sondern vor allen Dingen den Durchmarsch der ersten Männermannschaft in die Württembergliga samt dem zusätzlich errungenen Sieg im Bezirkspokal. Es ist der größte Erfolg in der Geschichte der Handballer vom Berg, erst recht der im Jahr 2000 aus den Stammvereinen TV Hegensberg und TV Liebersbronn formierten SG   – und auch Tage danach nicht wirklich zu fassen. „Manchmal fühlt es sich noch an wie ein Traum“, sagen Trainer Jochen Masching und Co- und Spielertrainer Henning Richter.

Das Trainergespann sitzt an diesem Abend im Bergeck, dem Vereinsheim des TVH, und lässt die Saison Revue passieren. Mit 45:7 Punkten und einem famosen Torverhältnis von 764:629 hat die SG sich als Aufsteiger den Meistertitel in der Landesliga, Staffel 3 geholt. Nur zwei Niederlagen und drei Unentschieden stehen 21 Siege gegenüber – das war, bei allem Optimismus, nicht zu erwarten. Gewiss, die Testspiele in der überaus harten, alleine drei Monate währenden Vorbereitungsphase hatten gezeigt, „dass wir nicht gegen den Abstieg spielen würden“, wie Jochen Masching betont, „aber wir sind doch mit vielen Unbekannten in die Saison gestartet.“ Auch Kapitän Fabian Sokele, einer der erfahrenen Kräfte in einer mit einem Durchschnittsalter von gerade einmal 25 Jahren noch recht jungen Mannschaft, räumt unumwunden ein, dass er das der Mannschaft vor der Punktrunde „nicht zugetraut“ hätte. Mit zunehmender Dauer freilich sei er „immer zuversichtlicher“ geworden. „Wir sind als Mannschaft immer enger zusammengerückt und haben uns auch individuell entwickelt“, sagt der Torjäger und Abwehrchef: „Am Ende war die Meisterschaft hoch verdient.“ 

Tatsächlich sollte sich schon früh eines zeigen: Die HeLi-Raptors, wie sich das Team selbst nennt, hat sich schnell an die rauere Landesligaluft gewöhnt. Lediglich drei, vier Partien benötigte die Mannschaft, um wirklich angekommen zu sein: nach zwei Unentschieden relativ zu Beginn auswärts beim starken HC Hohenems und daheim gegen den bissigen TV Altenstadt war möglicherweise der zweite Auftritt im Vorarlberg kurz hintereinander, bei BW Feldkirch, eine gewisse Initialzündung: nach hartem Kampf und einer Nervenschlacht mit einem hauchdünnen 30:29-Sieg nach Hause gekehrt, startete die SG eine ungeahnte Serie – und besiegte reihenweise Aufstiegsfavoriten wie den SC Vöhringen, die HSG Ostfildern oder auch die TG Biberach. Nach dem 25:23 gegen die Oberschwaben Ende November in heimischer Halle stand HeLi plötzlich alleine an der Tabellenspitze – und gab diese bis zum Schluss Ende April nicht mehr ab. „Wir haben uns unheimlich professionalisiert und waren die ganze Zeit über sehr fokussiert“, so Henning Richter.

Tatsächlich ist der Durchmarsch kein Zufall, sondern das Ergebnis eines Planes und harter Arbeit – auch wenn sich der Erfolg viel schneller eingestellt hat als zu erwarten war. Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang an das von Abteilungsleiter Michael Hettich (damals zusammen mit Jens Engelhardt) ausgearbeitete Konzept „HeLi 2020“ – und die damit verbundene Rückholaktion von Spielern, die auf dem Berg groß geworden, dann aber bei höherklassigen Vereinen ihr Glück gefunden hatten. Fabian Sokele und Tobias Funk, Henning Richter, Sven Langjahr und Tobias Wörner kehrten 2015 wieder zu ihren Wurzeln zurück und bildeten mit den etablierten Kräften der SG ein neues Team. Hinzu kam Jochen Masching vom TV Reichenbach als Trainer, der von Henning Richter als Co- und Spielertrainer unterstützt wurde. „Die beiden hatten von Anfang an unser vollstes Vertrauen“, sagen die beiden Abteilungsleiter Michael Hettich und Jens Hornung, „und haben es unheimlich gut gemacht.“ Dass auf Anhieb der Aufstieg aus der Bezirksliga gelingen würde, war indes ebenso wenig zu erwarten, wie nun der Sprung in die Württembergliga – ein Ziel, das mittelfristig auf dem Papier stand. Schließlich war die Mannschaft vor der Runde lediglich punktuell ergänzt worden – mit Nils Kühl vom BW-Oberligisten TSV Deizisau und Torwarttrainer Jerome Staehle, der in der Winterpause dazu stieß. „Wir waren bereits gut eingespielt und haben uns in den vergangenen Monaten immer besser gefunden“, urteilen die Trainer.              

Dabei sind die Erfolgsfaktoren vielschichtiger Natur. Der Trainingseifer war groß. „Alle Spieler haben mitgezogen und unheimlich Bock gehabt“, so die Beobachtung von Natascha Stocker, der vor der Saison neu installierten Aktivenkoordinatorin. Die Mischung an erfahrenen und jungen Kräften hat gestimmt. Die Mannschaft, jeder Einzelne ist mit der Aufgabe gewachsen. Der Zusammenhalt war enorm – auch weil sich viele Spieler seit Kindesbeinen kennen. Zwar fielen Tim Buchmüller und Wolfgang Zeh langfristig aus, vor weiteren Verletzungen aber blieb HeLi verschont. Zudem verteilte sich die Verantwortung auf mehreren Schultern, und die Mannschaft bewies über eine lange Saison hinweg viel Biss und verfügte auch und gerade in kritischen Situationen über enorme mentale Stärken. „Die Euphorie hat uns getragen“, sagt Henning Richter.

Apropos Euphorie! Diese übertrug sich auf den ganzen Verein, vor allem auch auf die Fans mit dem Club der „Bergbande“ an der Spitze – eine wichtige Stütze im Kampf um die Meisterschaft. Nicht ohne Grund waren die Partien mit SG-Beteiligung immer besonders gut besucht. Auch bei Auswärtsspielen in der Diaspora wie in Vöhringen oder Biberach waren die Hallen in HeLi-Hand. Und in der 2012 eingeweihten Römerhalle herrschte ohnehin immer Ausnahmezustand. So gelang es der SG ohne echten Ausrutscher gegen vermeintlich schwächere Mannschaften aus dem Tabellenkeller durchzukommen – was sich als „mit entscheidend“ erweisen sollte, analysiert Jochen Masching.

Und trotz alledem blieb die Saison bis zum letzten Spieltag spannend, weil das Feld in der Landesliga stark war – und die direkten Konkurrenten, vor allem die HSG Ostfildern und der HC Hohenems, sich auch kaum Blößen gaben. „Der Druck war schon massiv“, befindet Henning Richter im Nachhinein. Doch die Mannschaft hielt dem Druck stand – brachte die Meisterschaft in einer spannenden letzten Partie gegen Frisch Auf Göppingen 2 unter Dach und Fach und holte sich eine Woche später in einem dramatischen Finale gegen den TSV Grabenstetten sogar noch den Bezirkspokal. Dies war dann das Sahnehäubchen auf eine sehr, sehr süße Saison der 2000 gegründeten SG Hegensberg-Liebersbronn.  

Beim Plaudern über die Saison ist die Zeit im Bergeck schnell verflogen. Jochen Masching und Henning Richter, für beide ist es die erste Trainerstation im aktiven Bereich, müssen sich manchmal noch ein bisschen kneifen angesichts des rasanten Erfolges. Beide haben viel erlebt in ihrer Handball-Karriere – auch viele Erfolge. „Aber die Geschichte mit HeLi übertrifft irgendwie alles“, sagt Henning Richter.

Die SG Hegensberg-Liebersbronn ist eine Handball-Spielgemeinschaft des TV Hegensberg e.V. und des TV Liebersbronn e.V.
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